Wer von euch ist nicht schon am Bahnhof Santa Lucia in Venedig angekommen? Sobald ihr aus dem Gebäude ins Freie tretet werdet ihr vom Canal Grande und der Kirche San Simeon Piccolo in Venedig willkommen geheißen. Einer der schönsten Blicke über die Stadt!
Doch hier an dieser Stelle steht erst seit knapp über 160 Jahren ein Bahnhof.
Die Grabungen
Es war ein eiskalter Winter in den 1930er Jahren als hier Dutzende von Männern über ihre Schaufeln gebückt im Boden wühlten oder es wenigstens versuchten, denn der Boden war steinhart gefroren aufgrund des hohen Wassergehalts. (Wir sind hier ja in einem Sumpf!) Der österreichische Bahnhof aus den 1860ern sollte nun 70 Jahre später einem neuen Gebäude weichen. (Die faschistische Architektur, die harten klaren Linien, sind noch heute klar zu erkennen.)
Der Schatz
Plötzlich stieß einer der Arbeiter mit seiner Schaufel auf etwas Hartes. Ein Schatz? Er war ganz aufgeregt und rief seine Kollegen und gemeinsam legten sie in Windeseile zwei Kisten frei. Inzwischen hatten sie auch ihre Chefs gerufen und öffneten gemeinsam die Kisten: Zwei Skelette mit weißen Kerzen in den knochigen Fingern kamen zum Vorschein. Andere Kollegen hatten inzwischen im Erdreich weiter gegraben und waren auf lose Knochen und Schädel gestoßen; Schädel gefüllt mit weißen Kerzen und … Kordeln.
Diese Kordeln gehörten den Klosterschwestern, die hier begraben wurden. Der Beweis, dass dies früher ein Friedhof war, waren jedoch nicht nur die Kordeln der Kutten, sondern auch die weißen Kerzen, die symbolisch für ihren Keuschheitsschwur standen.
Es ist noch heute ein Mysterium wie groß dieser Friedhof tatsächlich ist, aber Tatsache ist, dass noch heute die Knochen der Klosterschwestern unter den Gleisen des Bahnhofs Santa Lucia ruhen. Von den Venezianern wird er, ganz passend, der Friedhof der Jungfrauen genannt.
Sobald ihr den Bahnhof betretet schreitet ihr also über die Gräber der Klosterschwestern!
Heilige Lucia von Syrakus
Die Reliquien der Heiligen Lucia von Syrakus befanden sich in der gleichnamigen Kirche am Canal Grande bis Österreich entschied die Kirche niederzureißen um Platz für den Bahnhof zu schaffen: Daher rührt auch der Name des Bahnhofs, der noch heute an die ehemalige Kirche erinnert, wie auch eine Gedenktafel vor dem Bahnhof. Die Reliquien der Heiligen Lucia wurden in die Kirche San Geremia (der erste große Campo auf dem Weg zu Rialto) überführt, wo sie sich noch heute befinden.