Wir schreiben das Jahr 1464. Die Straßen waren leer. Nur hier und da lag ein Körper reglos am Boden. Rauch erfüllte die Luft. Man hörte Kinder weinen, Menschen klagen. Die Pest hatte erneut Einzug in die Stadt gehalten.
Jedoch nicht in ganz Venedig. Die Einwohner, die um die Kirche der Santa Maria Assunta lebten wurden wie durch ein Wunder („Dem Heiligen Sebastian sei gedankt!“) vom schwarzen Tod verschont. Zum Dank an den Heiligen Sebastian* entschied man sich dazu das kleine Gebetshaus der Santa Maria Assunta auch ihm, Sebastian, zu weihen.
Die neue Kirche
Als nun mehr und mehr Gläubige in die kleine Kirche strömten und einfach nicht mehr genug Platz zur Verfügung stand um alle „Schäfchen“ aufzunehmen, entschied man die Kirche neu aufzubauen, größer und prunkvoller als je zuvor.
Die „virtual reality“ Dekoration
Die Dekoration wurde einem der wichtigsten Maler der venezianischen Renaissance anvertraut: Paolo Caliari auch der „Veronese“ genannt. Veronese schuf in dieser kleinen Kirche am Rande der Stadt ein künstlerisches und theatralisches Meisterwerk, das mit spektakulären Fresken und Gemälden seine Besucher überwältigt: „Virtual Reality“ gab es schon im 16. Jahrhundert dank Veroneses Genies!
Die Orgel
Seht euch nur die Flügeltüren der Orgel an: Wenn diese geöffnet sind, seht ihr das probatische Becken meisterhaft dargestellt. „Doch wo ist dieses Becken?“, werdet ihr fragen.
Wir sehen lediglich den Rand des Beckens dargestellt an dem die Kranken und Gelähmten sitzen und darauf warten, dass ein Engel das Wasser dieses Becken berührt: Der erste, der es schafft sich, sobald das Wasser sich bewegt, in das Becken zu stürzen wird von all seinen Krankheiten geheilt.
Das Wasserspiegel des probatischen Beckens entspricht dem unteren Rand des Bildes: Auf der rechten Seite seht ihr wie ein Kranker an einem Arm aus dem Becken gezogen wird.
Und die Illusion?
Hier tritt nun das theatralische Genie des Paolo Caliari zu Tage, denn durch die von ihm gewählte Perspektive sieht es so aus als ob der Orgelspieler selbst im Becken, im Wasser sitzt, während er uns musikalisch unterhält, während nur der Kopf des Musikers aus dem Becken sieht. Ein Genie! Nicht wahr?*
Veronese widmete ganze fünfzehn Jahre seines Lebens der Ausgestaltung der Kirche, die wir als seine persönliche „Sixtinische Kapelle“ ansehen können in der auch selbst seine letzte Ruhestätte gefunden hat.
*Der Heilige Sebastian wurde generell zum Schutz gegen die Pest angerufen/angebetet.
*Es handelt sich nicht um die einzige Illusion in der Kirche!
Der Besuch der Kirche ist Teil meiner Tour entlang der Spuren der Pest in Venedig. Für mehr Infos zur Tour könnt ihr einfach hier klicken.
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