Es war der 20. Dezember 1577. Vier Tage vor Heiligabend.
Die Glocken läuteten im Sturm. Alarm! Alarm! Rot leuchtende Rauchschwaden bedeckten bedrohlich den Himmel. Flammen züngelten aus dem Dogenpalast gen Himmel. Überall waren Menschen zu sehen, die versuchten den Brand in den Griff zu bekommen: Leitern wurden heran geschafft. Die Arsenalotti* begannen an den Leitern den Dogenpalast empor zu klettern.
Hölle auf Erden
Die Hitze des Brandes hatte dazu geführt, dass das Bleidach zu schmelzen begann. Das heiße verflüssigte Blei tropfte in den Saal des Großen Rates und des Scrutinio. Es war unmöglich geworden diese Räume ohne Lebensgefahr zu betreten um den Brand zu löschen und die Meisterwerke des Bellini, des Tizian, … vor dem Flammentod zu retten. Die Venezianer waren machtlos und mussten praktisch dabei zusehen, wie sich die Werke dieser großen Meister in Asche verwandelten.
Die Arsenalotti kletterten mutig den Dogenpalast empor und ließen sich an Seilen in die beiden Säle hinab (die Dächer waren inzwischen praktisch weggeschmolzen) und schafften es tatsächlich, den Brand zurück zu drängen und zu löschen.
Man sagt, dass es ganze 2 Tage gedauert hatte, die Feuersbrunst zu löschen.
Was tun?
Der Zustand des Dogenpalastes war gravierend. Die tragenden Mauern waren in prekärem Zustand. Das Fresko des Guariento im Saal des Großen Rates war stark beschädigt worden. Man überlegte sogar den kompletten Palast niederzureißen und von Grund auf neu zu bauen. Ein Vorhaben, das Gott sei Dank nicht umgesetzt wurde. Stattdessen baute man neue Streben ein bzw. wurde der Bau zum Ponte della Paglia hin im Arkadenbereich gestützt. (Das seht ihr noch in einem Gemälde des Canaletto aus dem 18. Jahrhundert! Entfernt wurden diese Stützen erst Ende des 19. Jahrhunderts bei Renovierungsarbeiten.)
Tintoretto und Guariento
Die Säle wurden neu überdacht und ausdekoriert: Um das Fresko des Guariento zu ersetzen wurde (wahrscheinlich 1582) eine Ausschreibung für ein Gemälde veröffentlicht, das (beinahe) bis ins Detail die Art der Komposition dieses neuen Gemäldes und das Thema (Paradies!) vorschrieb. Die Jury konnte sich einfach nicht auf einen Künstler einigen und so wurde das Projekt, ex aequo, Veronese und Bassano zugesprochen. Veronese starb jedoch 1588.
Das Gemälde war zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal begonnen worden und so … Glück im Unglück … wurde der Auftrag Tintoretto zugesprochen, der das Gemälde mit der Hilfe seines Sohnes Domenico bis 1592 umsetzte.
Noch heute könnt ihr sein Meisterwerk im Großen Saal bestaunen … und auch das beschädigte Fresko des Guariento: Anstatt das Fresko zu entfernen, hat man das riesige Gemälde des Tintoretto einfach darüber gehängt.
Diese Reste wurden später entdeckt, entfernt und sind nun im Dogenpalast ausgestellt.
*Arbeiter im Arsenal (Schiffswerft)