Venedig. Sonntag 17. Mai 2015. Vor San Marco versammeln sich zahlreiche typische venezianische Boote, in diversen Formen, Farben und Größen, um gemeinsam mit der „Serenissima“, den Venezianern und den Besuchern diesen Tag zu feiern.
Neben der Regata Storica, ist es mit seiner 1000 Jahre alten Tradition eines der ältesten Feste in Venedig: die Festa della Sensa. Am Tag der Sensa (venezianischer Ausdruck für „Christi-Himmelfahrt“) feiert man den historischen sposalizio del mare („Meereshochzeit“) im Gedenken an die Eroberung Dalmatiens durch die venezianische Flotte unter der Führung des Dogen Pietro Orseolo II im Jahr 999.
Dieses Ereignis stellte eine wichtige Eroberung für Venedig dar, da damit die obere Adria von der Piraterie befreit und Venedig zur Herrscherin über dieses Meere wurde. Die Republik Venedig beschloss von diesem Augenglick an jedes Jahr am Tag der Sensa diese Eroberung zu feiern: Dabei begaben sich der Doge und der Patriarch außerhalb des Hafens am Lido um das Meer zu segnen. Später, im Jahr 1177, schenkte der Papst Alexander III dem Dogen Sebastiano Zani einen Goldring als Anerkennung für die Mithilfe bei den Vermittlungstätigkeiten und den Friedensverhandlungen mit dem deutschen Kaiser Friedrich Barbarossa und erkannte damit Venedigs Herrschaft über das Meer offiziell an. Ab diesem Zeitpunkt begann die venezianische Tradition des sposalizio, die mystische Verbindung Venedigs mit dem Meer.
Die Feierlichkeiten waren spektakulär: Der Doge bestieg den Bucintoro (das Staatsschiff des Dogen, das heute leider nicht mehr existiert, aber im Museo Storico Navale könnt ihr ein Modell davon besichtigen) mit seinem gesamten Gefolge und begab sich, gefolgt von zahlreichen typischen venezianischen Booten in jeglicher Form und Farbe, auf den Weg Richtung Lido. Die Tradition wollte es, dass der Bucintoro auch auf Sant’Elena Halt machte um dort die Ehrung von Seiten der dort ansässigen Mönchen zu empfangen und um anschließend den Patriarchen, der am Lido auf einem eigenen Boot mit den wichtigsten geistlichen Würdeträgern wartete, mit an Bord zu nehmen.
Vor dem Fort Sant’Andrea angekommen goss der Patriarch gesegnetes Wasser ins Meer und der Doge ließ aus einem Fenster am Heck der Staatsgaleere einen Goldring ins Wasser fallen, wobei er diese Worte rezitierte
„Ti sposiamo, o mare, in segno di eterno dominio!”
“Wir heiraten dich, oh Meer, zum Zeichen der ewigen Herrschaft!”
(Vielleicht sollte ich das nächste Mal dort auf Tauchstation gehen und sehen ob ich noch ein paar Ringe finde – nach schätzungsweise tausend Ringen …)
Der letzte Sposalizio wurde vor dem Fall der Republik Venedigs im Jahr 1796 unter dem Dogen Ludovico Manin veranstaltet; heute wird der Sensa (am ersten Sonntag nach Christi-Himmelfahrt) mit einem corteo acqueo („Wasser-/Bootsumzug“)ab dem Bacino di San Marco bis zum Lido gedacht: Dabei wird ein symbolischer Ring ins Meer fallen gelassen und anschließend eine Messe in der Kirche San Nicolò del Lido gefeiert. (cf. Brusegan, Scarsella, Vittoria (2007): Guida insolita di Venezia)
Kleine Nebenveranstaltungen am Tag der Feierlichkeiten der Sensa sind der Markt Mercatino della Sensa bei der Kirche San Nicolò, die voga alla veneta (Regatta mit typischem venezianischem Ruderstil), etc. Details zu den Veranstaltungen findet ihr hier und auf http://www.veneziaunica.it/it/FestadellaSensa