Eine der unterschätztesten Sehenswürdigkeiten in Venedig ist wahrscheinlich das offizielle Staatssymbol der Serenissima: Der Markuslöwe.
Die anerkanntesten Quellen die sich mit der Entstehungsgeschichte des Markuslöwen beschäftigen, sehen in Jacopo da Varazze (XII. Jahrhundert) DEN Mann, der die Republik Venedig dazu brachte den Löwen als offizielles Staatssymbol in Verbindung mit dem Motto PAX TIBI MARCE, EVANGELISTA MEUS zu wählen. Andere Forscher jedoch glauben, dass der Löwe erst viel später im XIV. Jahrhundert auftauchte.
Die verschiedenen Darstellungsarten
Vielleicht habt ihr schon festgestellt, dass die Darstellung des Löwen nicht einheitlich ist? De facto könnt ihr den Löwen nämlich in folgenden Haltungen und Darstellungsformen finden:
„rampante“ – Profilansicht; auf den Hinterläufen sitzend.
„in moleca“ – Vorderansicht, auf den Hinterläufen sitzend und mit fächerartig angelegten Flügeln (auch „in soldo“ oder „in gazzetta“ genannt, nach der Münze auf der diese Darstellungsweise Anwendung fand).
„vessillifero“ – Profilansicht, auf den Hinterläufen sitzend; er hält ein Schiff in seinen Vorderpfoten (dargestellt ohne Flügel und ohne Buch).
„passante“ – Profil- und Komplettansicht; auf drei Pfoten stehend und die vierte auf ein Buch gestützt (normalerweise geöffnet und mit obigem Motto versehen).
Man sagt, dass das Buch in Friedenszeiten geöffnet bzw. in Kriegszeiten geschlossen mit einem gezogenen Schwert.
Die Darstellungsweise des Markuslöwen änderte sich ein weiteres Mal, als Venedig Mitte des 15. Jahrhunderts dem venezianischen Festland seine Aufmerksamkeit schenkte: Der Löwe wurde zur Amphibie und mit seinen Hinterläufen im Wasser bzw. den Vorderläufen auf dem Festland dargestellt.
Kuriosität
In Portobuffolè, Provinz Treviso, findet ihr einen Löwen mit aufgeschlagenem Buch, auf welchem eine spezielle Inschrift zu finden ist:
„Diritti e doveri dell’uomo e del cittadino“ (“Rechte und Pflichten des Menschen und des Bürgers”)
Offensichtlich wurde die Inschrift während der napoleonischen Besatzung geändert.
Löwen in Venedig
Als offizielles Symbol der Serenissima faszinierte der Löwe schon immer die venezianische Bevölkerung, es wird euch also nicht erstaunen, dass man diverse lebendige Löwen à la Kleopatra sogar in manchen Patriziergärten oder öffentlichen Palästen finden konnte: Am Markusplatz wurde beispielsweise ein goldener Käfig mit einem Löwen, der auf Staatskosten unterhalten wurde und der laut Legende aufgrund einer Vergiftung (die von den Goldstangen herrührte) starb, aufgestellt.
Auch während des Karnevals im Jahr 1762 wurde ein Löwe zur Schau gestellt: Dieser gelangte anschließend aufgrund seiner Darstellung in einem der Bilder des Pietro Longhi „Il Casotto del Leone“, umgeben von abgerichteten und maskierten Hunden, zu Ruhm. (cf. Brusegan, Scarsella, Victoria (2007): Guida insolita di Venezia)
Mal sehen wie viele Löwen ihr auf eurem Spaziergang durch Venedig findet!
Habt ihr beispielsweise schon das Exemplar auf dem Foto unten entdeckt: Hat eine wirklich interessante Lebensgeschichte auf dem Buckel! (Aber dazu mehr beim nächsten Mal …)